Schweigen für den Staatsanwalt

MDR In der Darlehensaffäre um Unterhaltungschef Udo Foht schreibt Intendant Udo Reiter der Politik – mit der Presse spricht er vorsichtshalber nicht

Ein ARD-Hierarch, der die Kunst des Dauerauftrags nicht beherrscht, aber virtuos Geld pumpt? Hm

Aus gegebenem Anlass schalten wir auch heute wieder zu den ARD-Sommerfestspielen zum Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) nach Leipzig. Denn nun hat sich auch MDR-Intendant Udo Reiter in Sachen seines suspendierten Unterhaltungschefs Udo Foht zu Wort gemeldet. Nicht offiziell natürlich, bei Presseanfragen gilt nach wie vor der schöne Standardsatz: „Um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht zu gefährden, wird der MDR im Zusammenhang mit den aktuellen Vorwürfen gegen Udo Foht keinerlei Informationen mehr nach außen geben.“

Dafür gibt es Informationen nach innen, an die Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt, die derzeit die sogenannte Rechtsaufsicht über den Sender führt. Foht war Ende Juli suspendiert worden, weil er seit Jahren TV-Produktionsfirmen und Musik-Manager um Darlehen und Vorschüsse anging, die er angeblich für MDR-Produktionen brauchte. Am 31. August befasst sich der Rundfunkrat des Senders in einer Sondersitzung mit dem Fall.

„Nach bisherigem Kenntnisstand sind keine Gebührenmittel veruntreut worden“, schreibt Reiter nun – das ist schon mal die gute Nachricht. Dass Reiter höchstpersönlich, aber auch die MDR-Fernsehdirektion unter ihrem Chef Wolfgang Vietze von Fohts merkwürdigen Geldeintreibereien seit mindestens Herbst 2009 gewusst haben sollen (taz vom 13. 8.), erwähnt der MDR-Chef in seinem Brief mit keiner Silbe. Die Vorwürfe hatte die im MDR gut vernetzte Super Illu erhoben. Dass es hierzu kein Dementi gibt, sondern sich der MDR hinter seinem Schweigegelübde versteckt, spricht für sich – denn mit der Causa Foht hat diese Frage nur am Rande zu tun. So setzt Reiter seinen Sender erst recht dem Verdacht aus. Zumal der Intendant in seinem Schreiben an die hohe Politik durchaus zugibt, dass es bei der Vergabe von Produktionsaufträgen im Programmbereich Unterhaltung schon mal hapert. Bei einer „Regelprüfung“ nach dem „Revisionsprogramm 2009/2010“ seien „Defizite festgestellt worden“, so Reiter, doch „die Umsetzung der noch offenen Punkte ist bislang noch nicht vollständig abgeschlossen“.

Dass Unterhaltungschef Foht, der dem MDR bislang mit gern belächelten Schunkelshows und geblümter Heimeligkeit das erfolgreichste Dritte Programm der ARD bescherte, allerdings finanziell nicht gerade zum öffentlich-rechtlichen Beispielcharakter taugt, wusste der Sender mehr als genau. Schließlich wurde, wie Reiter penibel auflistet, Fohts Gehalt schon zwischen 2002 und 2006 teilweise gepfändet, seit „Anfang 2007 bis heute“ sind es „monatlich fortlaufend 3 Prozent seines Monatseinkommens“. Fohts Jahressalär liegt nach Presseberichten bei rund 140.000 Euro, die MDR-Geschäftsführung will allerdings erst Anfang August von den Pfändungen erfahren haben. Der Spiegel kolportiert derweil, Foht habe schlicht immer mal wieder vergessen, seine 370- Euro-Miete für die Leipziger Zweitwohnung zu überweisen. Ein ARD-Hierarch, der die Kunst des Dauerauftrags nicht beherrscht, aber virtuos in der Branche Geld pumpt und uneigennützig von Produktion zu Produktion verteilt? Hm.

Beim MDR wird aber alles gut, schreibt Reiter mit leichtem Hang zur Realsatire: Bereits 2009 und 2010 habe das „MDR-Bildungs-Centrum“ für interessierte Mitarbeiter und Führungskräfte unter Titeln wie „Korruption erkennen und verhindern“ Seminare angeboten. Für Mitarbeiter des Erfurter Kinderkanals, wo unter MDR-Aufsicht über 8 Millionen Euro Gebührengelder verschwanden, sind solche Schulungen übrigens schon Pflicht. Sie „sollen ab November 2011 auch im MDR stattfinden, beginnend mit den Führungskräften“.

STEFFEN GRIMBERG